film-theorie-medien
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" Beim neuen Kino hingegen besteht die Montage hauptsächlich darin, daß sie die Verfälschung ganz der wirklichen Zeit ganz offen zeigt ( oder deren Zuspitzung - wie bei den endlosen Einstellungssequenzen, von denen ich gesprochen habe - durch die Umkehrung des Sinns des Bedeutungslosen )."

(PASOLINI, Frankfurt: 1982, S. 234 )


Es besteht allerdings die Gefahr, daß die Filme des neuen Kinos keine bedeutungshafte Informationen mehr liefern können. Wenn die Wirklichkeit eine unendliche Einstellungssequenz ist, die nur bedeutungslose Informationen liefern kann, dann muß jede Annäherung an ihr, für den Film die gleiche Konsequenz haben. Durch die ' Umkehrung des Sinns ' jedoch wird eine grenzenlose Annäherung verhindert, denn ein Film, der die natürliche Zeit der Wirklichkeit offen übernimmt, wird so in der Darstellung der Bedeutungslosigkeit umgekehrt selber zum Bedeutungsträger. Es ist demnach für einen Film unmöglich, keine Bedeutung zu haben.


Dies trifft im Grund auch für die Wirklichkeit zu. Erst mit dem Tode erfährt die Wirklichkeit eines Individuums einen Schnitt, der das Kontinuum des Lebens abschließt. Erst mit dem Tode erhält unser Leben als Geschichte einen Sinn, denn wir können nichts mehr verändern. Dies ist der Punkt, wo Kunst und Leben sich gleichen. Schaffung von Bedeutung durch die Unterbrechung einer Kontinuität.


Für einen Regisseur gibt es nach PASOLINI nur einen Weg der Freiheit: Durch ein ständiges sich Exponieren in der Gesellschaft, den Code der Filmsprache als Konvention zu überschreiten und somit zu einer ständigen Provokation für den Zuschauer zu werden. Die Freiheit des Zuschauers besteht nur noch darin, die Freiheit des anderen, des Regisseurs, im Kino zu genießen.